Killarney und ein bisserl weiter –
Der nächste Morgen findet mich schon früh am Fluss, ich wasche mich, weit und breit ist kein menschliches Wesen zu sehen. Wie gut das tut. Das Waschen aber auch die Stille. Ich setze mich auf einen Stein am Fluss, halte die Füße hinein und denke nach. Das entwickelt sich alles in eine Richtung, die mir unbehaglich ist. H hat mich gestern gefragt, ob ich nicht Lust hätte, erstmal nach Killarney und dann nach Valencia Island mit ihm zu trampen. Wir kämen doch gut miteinander aus und zu zweit sei es doch sicherlich schöner als alleine. Ist das so? Eigentlich fühle ich mich allein wohler, fühle mich vereinnahmt. Als ich das erwähne, schüttelt er mal wieder den Kopf über mich. Es wäre doch nichts dabei und würde doch keinen von uns verpflichten. Man könne es doch einfach versuchen.
Mit dem Wasser für Tee und meiner inzwischen fast schon persönlichen Kanne wandere ich langsam zurück. Der Tee schmeckt köstlich, das obligatorische Brot mit Käse ebenfalls zwinkern – langsam wird Geld und auch Nahrung immer knapper und in K ist auch eine Bank. Vielleicht wäre es doch am vernünftigsten, nicht noch einen Tag länger zu bleiben, sondern wirklich mich um Bargeld zu kümmern. ok, also erstmal bis nach K H strahlt, als ich ihm meinen Entschluss mitteile, das wäre doch schon einmal was. hm Ich frage beim warden, ob er eine Aufgabe für mich hat und fege zwei Schlafräume und den Flur aus, als ich fertig bin, ist auch H aufbruchbereit. Wir stellen uns an die Straße und bald schon hält ein kleines Wohnmobil. Sowas habe ich noch nie von innen gesehen und ich bin ganz begeistert von diesem kleinen Heim auf Rädern. Ein Paar, so in den Dreißigern – sie kommen aus England und wollen einen verlängerten Wochenendausflug mit ihrem Mobil machen und die Gegend um K anschauen, die ja so berühmt ist. Sie hätten das Mobil erst neu und würden nun allerlei Reisen unternehmen. H guckt skeptisch, was ich aber ignoriere und mich mit den Beiden – hauptsächlich mit der Frau unterhalte. Über Kenmare fahren wir an der Küste entlang und dann die Passstraße hoch zum Molls Gap, wo wir eine erste Pause machen und im guest room einen Tee trinken und scones essen. das kann mir zwar überhaupt nicht leisten, es reicht gerade eben noch für diese Köstlichkeiten, aber irgendwie ist mir das völlig egal. Es wird schon irgendwie Geld in K aufzutreiben sein. Die scones sehen so überaus köstlich aus. Mir sind die beiden sympathisch und so beantworte ich ihre Fragen nach woher&wohin, bevor wir weiter zum Ladies View fahren und kurz darauf ein zweites Mal an einem kleinen Parkplatz halten, um uns etwas die Beine zu vertreten.
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Da wir zur JH wollen fahren sie durch den Ort und setzen uns genau vor ihr ab. Ich bedanke mich herzlich und wünsche ihnen viel Spaß noch, während H recht einsilbig ist.
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Als allererstes frage ich den warden, ob denn der Bankstreik endlich vorbei ist, weil ich überhaupt kein Geld mehr habe und er antwortet mir lächelnd, dass er heute endlich selber auch welches abholen konnte. So etwa 2 Stunden wäre noch geöffnet. Ich bringe also schnell meinen Rucksack aufs Zimmer, um noch die paar Meilen zurück nach K zu laufen. Wie nicht anders zu erwarten geht auch H zur Bank.
Misstrauisch frage ich ihn, ob er mir etwa auflauert, was ihn sichtlich empört. Auflauern wäre doch wohl echt zu viel gesagt, aber wenn wir doch beide zur Bank müssten, wäre es doch sinnvoll/normal, wenn wir zusammen gingen. ok, das ist nicht ganz falsch und so wandern wir zurück in den Ort, der damals noch wesentlich überschaubarer ist als heute. Die Bank ist schnell gefunden, sie ist tatsächlich geöffnet und ich löse doch recht erleichtert einen Euroscheck ein. Ja, das hieß damals schon Euroschek – bezogen auf Europa-Scheck und nicht etwa den damals nicht einmal angedachten Euro ;).
Wir machen einen einen kleinen Schaufensterbummel, was so lange lustig ist, bis H mich fragt, ob ich mir nicht neue Schuhe kaufen wolle? Auf meinen mehr als fragenden Blick sagt er nicht ganz unberechtigt, dass vielleicht doch mehr als ein paar leichter Stoffschuhe – damals auch Segelschuhe genannt – gut wären und da wären doch ein paar preiswerte Sandalen. Sogar mit Absatz. was mich nun wirklich an seinem Verstand zweifeln lässt, was brauche ich beim Wandern und Trampen Schuhe mit Absatz???? Ob ich mir auch noch Schminke und ein kleines Schwarzes kaufen solle, frage ich ihn sarkastisch und er meint doch allen Ernstes, da sähe ich bestimmt nicht schlecht drin aus. arrggh
Also Schuhe kaufen IST nicht, ich halte das für eine unnötige Geldausgabe und wer weiß, wo ich das nächste Mal an Geld komme. Durchaus nicht jeder Ort hat hier eine Bank und unter Umständen kriege ich erst in einer Woche wieder Nachschub. Dafür lasse ich mich aber überreden in einen kleinen Imbiss zu gehen, der mir preiswert genug erscheint und hier verblüfft er mich vollkommen.
Also die Leute vorhin – das Paar da – denen würde nie und nimmer dieses Mobil gehören. sowas wäre total teuer, das wäre sicherlich nur gemietet und sie würden nur angeben wegen ihren Jobs und der Wochenendreise. Ich bin echt perplex. Was soll das? Ist doch unwichtig, ob ihnen das nun wirklich gehört und das sind doch alles bloß Vermutungen, die er äußert. Außerdem ist es vollkommen egal! Und weder in die eine noch in die andere Richtung beweisbar. Was kümmert mich der Scheiß? als ich das wortwörtlich sage, ist er beleidigt.
Schweigsam gehen wir zurück. Ich verziehe mich bald aufs Zimmer, aber nicht bevor ich nicht die heiße Dusche genossen habe.
Und wieder ein Tag rum. Was mache ich morgen? Versuchen, H zu “entkommen”? Nach Valencia Island? Dort soll es sehr interessant sein. Mein Grieben-Reisefühter erzählt etwas über die erste Verbindung nach Amerika per Telegraph, irgendeinem wichtigen ersten Flug und viele Auswandererschiffe, die von Valencia gestartet sind.
Weiß nicht, morgen ist morgen. Mal sehen.
Gut gelaunt wache ich auf und entschließe mich einen easy going Tag einzulegen. Am Frühstückstisch sitze ich mit zwei deutschen Mädels zusammen, die vorgestern per Rad übers Gap of Dunloe nach K gekommen sind. Rad fahren? Eigentlich hätte ich dazu schon Lust. Vielleicht gehe ich heut nach K und leihe mir dort ein Fahrrad. Als ich ihnen gerade erzähle, dass ich mir das überlege, kommt der inzwischen schon obligatorische H und verkündet, dass er das eine prime Idee findet und mitfährt. langsam resigniere ich. ok, dann kommt er eben mit. Der, der Junge!!
Offensichtlich ist es unmöglich ihn abzuschütteln, er hat mich scheinbar irgendwie adoptiert und ich werde mir verdammt nochmal nicht dadurch die Laune verderben lassen.
Manchmal verfluche ich mein viel zu friedliches und geduldiges Selbst.