Aussagen über mich selbst – Texte bis 2000

Sprüche aus uralten Zeiten Ende 60iger/beginnende 70iger

Wasser rinnt in den Mond. Vorsicht, er ertrinkt. Aber vielleicht wäre das gar nicht schade. Dann ist ein Aufpasser weniger da.

Lass mich meine dummen Dinge machen, wenn sie dich stören,
steig auf den nächsten Baum und spring hinunter.

Weisheit ist etwas, was mit zunehmender Verkalkung kommt.

Ich habe heute grauen Sand auf den Teppich geschüttet.
Wenn ich Wasser dazugieße, wird daraus vieleicht Zement.
Dann muss ich nicht mehr fürchten hindurch zu fallen.

Lauter netter Menschen besuchten mich gestern.
Als sie gingen, tanzten hinter meinem Gesicht rote Männchen im Rhythmus von quietschenden Türangeln.

Leuchttürme stehen nur so rum,
die Schiffe zerbrechen doch
an braunen Felsen.

Schreie nur, vielleicht hört dich
das Bild über dem Sofa
und fällt vor Schreck runter.
Daraußen hört dich niemand,
aber vielleicht wackeln
dem sofa die abgeschabten Beine.
Der Türrahmen kichert
in seiner alten Bosheit.
Wenn du fest dagegen trittst,
bricht er bestimmt zusammen.
Bevor die Decke herunter fällt
und du dir die Mörtelreste
hinter den Ohren hervorklaubst,
gehe weg von hier
und mach auf dem Mond
Handstand.
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In der Weite
eines Tages
ging er
zwischen Steinen.

Laut tanzte
die Musik
seiner Träume
in hellen Tälern.

Vögel begrenzten
die Kraft
seiner Hände.

Ihr Schrei
brach sich
in den Gewölben
seiner Faust. (Mai 1972)
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Nanga Parbat

Am Tage des Löwen
trug ich meine Träume
durch immerweinende Wolken
am Gipfel des Nanga-Parbat
– barfuß.

Begrub sie mit geöffneten Augen.
Meine Hände bluteten ob der
felsigen starren Erde,
wo die Freiheit Raum hat.

Wo die Freiheit Raum hat,
dort, wo die Grasebenen
im Verdämmern nicht
Freiheit suchen,
dort,

wo die Grasebenen
in sich selbst frei sind,
teile ich meine Freude mit dir,
der du wartest
am Tage des Löwen
am Fuße des Nanga-Parbat – barfuß (Dezember 1972)
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Mondblüten
Einen Tag habe
ich mir geschenkt,
einen Tag aus Mondblüten,
einen Tag aus:

Meine Finger fühlen
das Lächeln deiner Lider.
Ich säe meine Träume aus,
säe sie zwischen deine Augen.

Meine erdigen Finger
streicheln das Braun
des borkigen Baumes,
du schneidest meinen Namen in ihn.
(Herbst 1972)
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Widmung:
Ich schreibe diese Worte für mich,
da ich anfangen muss, in Büchern
steht doch immer eine Widmung.
Für mich also, dass ich mich nicht
vergesse, irgendwo liegen lasse zwischen
den Centjes für einen Coffee oder
einer ausgelesenen Zeitung,
der man ansieht, dass sie gelesen wurde,
zerblättert, verknittert, beiseitegelegt,
im Weitergehen die Gedanken bei einem Liebsten.

Manchmal streikt mein Ich, wickelt sich in
Widersprüche ein, vergräbt sich zwischen Bäumen,
Apfelbäumen oder Blumen oder Gräsern, damit ich
mich wiederfinden kann.
Ich möchte Baum sein, mit Wurzeln tief bis in das
Innere der Erde. Magmaströme sollen durch meine
Astadern pulsieren, heiß, bis ich mich ganz Baum
fühle, ganz Erdbaum, ganz…

Weiter: Mein Ich hat viele Türen, Fenster, Öffnungen, Tore.
Ich bin bereit aufzunehmen, aufzusaugen. Eure Gefühle,
Gedanken blasen meine Seele ui einem monströsen
Alptraum auf, dem ich schreiend davon zu laufen suche.
Ich will die Ketten, Fesseln meines Nicht-Ich sprengen.

Ein Traum:
Ich laufe, ich lache,
werfe meine Freude hoch zu den Möwen,
dass sie teilhaben an mir. Ich tanze mit den
Grashalmen einen Reigen,
ich laufe, ich lache,
ich werfe mich in das Gras. ein Traum.
(1973)
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Meine Wege liegen offen,
jeder kennt sie.
Mein Mund, der sich
in vergitterten Fenstern
wiederfindet,
weicht nicht aus.

Wenn die Sonne
durch meine
halbgeschlossenen Wimpern fällt,
verfangen sich zwischen ihnen
Regenbogen.

Meine zu großen Hände
verstecken sich nicht mehr. (1973)
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Du bist:

Klopfen der Finger
im Rhythmus
alter Musik.

Regentropfen auf
lächelndem Mund.

Lied, das irgendwo
jemand singt.

Traum, den ich unter
schlafenden Mandelbäumen
vergraben habe.  (1974)
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über dem Gänseblümchenhimmel

du sagts, dass über dem Gänseblümchenhimmel noch etwas ist, doch ich weiß nicht, ob ich dir glauben kann. du sagst manchmal Dinge, die nicht wahr sind.
als ich kleiner war, fragte ich dich, wo der Gänseblümchenhimmel ist. du lachtest immer und sagtest: “mach die Augen auf, du wirst dann schon sehen”. Ich habe meine Augen so weit aufgemacht, wie es nur ging, den Gänseblümchenhimmel habe ich trotzdem nicht gesehen.
Oft glaube ich, es gibt ihn gar nicht, doch wie könntest du sicher von ihm sprechen, wenn es ihn nicht gibt. außerdem will ich, dass es ihn gibt. Ich will wissen, was über dem Gänseblümchenhimmel ist.
Heute morgen traf ich dich, wie du über den Bach sprangst. Du fragtest: “nun, hast du ihn gefunden?” Jeden Morgen fragts du mich. Jeden Morgen, wenn ich dich treffe, wie du gerade über den Bach springst. Lachend und hüpfend liefst du weiter, und eine Frau schaute dir nach wie du lachtest und hüpftest und schüttelte den Kopf.
Ich stehe da und schaue dir nicht nach, nie schaue ich dir nach, denn ich weiß sowieso, wo du hinläufst und wie du es tust. Ich schaue dir nie nach.
Einmal wollte ich fragen, ob ich mitkommen kann, wenn du über den Bach springst und lachst und hüpfst. Als ich dich fragen wollte, konnte ich es nicht.
Jeden Morgen läufst du lachend zum Gänseblümchenhimmel und siehst, was über ihm ist, doch du willst es mir nicht sagen. Jeden morgen sehe ich dich, wenn du über den Bach springst, immer will ich dich fragen, nie kann ich es. Ich stehe neben der Frau, die dir nachstarrt, den Kopf schüttelt, stehe da und schaue dir nicht nach, ich schaue dir nie nach.
Du sagst, dass über dem Gänseblümchenhimmel noch etwas ist.
(1973?)
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Ich lebe heute

Bevor der Vogel seine
Schwingen selber bricht,
lasst es uns tun,
sagten sie.
Ihre Äxte  hinterließen
braune Wunden.

Bevor er fortfliegt,
lasst uns ihn an
Träume fesseln,
ihre Träume
zerrieben
seinen Traum.

Bevor er sich tötet,
lasst es uns tun,
sagten sie.
Ihr Tod
endete nicht
mit dem Morgen.
(1974 ?)
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Wilde Freude überrennt mein Ich,
als  ob es die letzte Festung sei,
zwischen mir und einem
Herzschlag Glück, in
mauergrauen Stein erstarrt. (1974)
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Sehnsucht findet keinen
Widerhall. Mein Herz
weiß nur von dräuenden
Wolken (1974)
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Nun gut,
ich werde nicht träumen,
von Sonnen,
gefangen in Tautropfen,
Liedern,
gesungen auf freieren Grasebenen.

da ich weiß

von Zenitsonnen
über zerborstenen Leibern,
Hassliedern,
gekerbt in gefesselten Gehirnen.

Wir werden die Grasebenen befreien. (1974)

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Regenbogenspiele

Gehe nicht zum Ufer,
die Träume des Meeres
haben Gewalt über uns.

Gegenlicht auf zerrissenen
Wellen fesselt uns
an den Regenbogen.

Ich liebe niemanden,
wenn ich uns sage,
habe ich dich fast
schon vergessen.

Die Träume des Meeres
sind meine Träume.
Ich bin – Gegenlicht
auf zerrissenen Wellen.

Ich träume
Regenbogenspiele

(Januar 1975)
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Gegendarstellung:
Ich bin nicht ich, bin nicht dumm,
bin nicht traurig,träume nie,
erst recht nicht Regenbogenträume.

Ich bin nicht ich, schreibe nicht,
lache nicht, weine nicht,
meine Worte haben
mir meine Seele gestohlen.

Ich bin nicht irgendwer,
noch nicht einmal das.
ich liebe niemanden, nicht dich
und am allerwenigsten – mich
oder doch?

Ich bin nicht positiv, bin nicht negativ,
bin Neutrum.
Als Neutrum hat man keine Träume,
springt nicht über Bäche,
singt nicht von Regenbögen,
denen man die Träume gestohlen hat.

Ich habe sie nicht, du hast sie nicht.
Sie sind fortgelaufen mit dem Wasser,
das sich Regen nennt.
Aber auch der Regen hat sie nicht mehr,
sie sind durch Bäche in die Flüsse
bis in das Meer geflossen.

Darum hüte dich vor dem Meer.
seine Träume haben Gewalt über uns.
(Februar 1975)
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Liebster,
gestern fesseltest du mich
mit dem Schrei des Windes

Gestern
brachen meine Wege
in den Klippen ab.

Gestern
riss das Stahlmesser
deiner Sonne
in meine Träume
blutende Furchen.

Liebster,
heute gab ich mich
mir selbst zurück. (1975)
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Wahrheit

In Träumen lebe ich mehr,
man sagt, das soll nicht gut sein,
aber eure Wahrheit muss nicht meine sein,
kann es gar nicht sein.

An eurer Wahrheit oder das,
was ihr so nennt,
würde ich zerbrechen,
es würde mein Ich
zerreiben wie zwischen Mühlsteinen.

Meine Wahrheit kenn ich nicht,
sie liegt in mir verschüttet.
Ich ahne sie dort,
höre sie manchmal
leise pulsieren.

Ich vermag es nicht,
so tief in mich hinabzusteigen,
oft überschwemmt mich die Angst,
dass ich es nie schaffe. (1975?)
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Gedanken

Meine Gedanken sind wie Kreisel,
Spielzeug eines irren, infantilen Gottes.
Ist es nicht unsinnig,
Sehnsucht in so gesteigerter
Form zu empfinden.
Dabei habe ich noch nicht einmal ein Ziel.
Manchmal fühle ich mich so frei.

Manchmal fühle ich mich so frei.
Du folgst mir nicht in die
Träume des irrsinnigen Tages.
Mein Schrei bleibt stumm,
da in den Linien deines Mundes
meiner Freiheit Grenzen gesetzt sind.
Ich verbarrikadiere mein Ich
unter dem Tosen mener aufrührerischen Gedanken
mit Steinwällen.

Manchmal fühle ich mich so frei…
Liebster, der du es nicht mehr bist. (1976)
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(ohne Titel)

In Nächten vom Mond nicht berührt,
erreicht meine Angst
das Maß des Messbaren.

Traumdeutung bedarf zu viele
der Worte, die ich – enträtselt –
vergaß.

Meine Sehnsucht
weiß um den Trost
deiner Hände,
dem mich auszuliefern,
ich noch nicht gewillt bin. (1977)

About Sternenstaub

nothing worth to know
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