Die Bilder in meinem Kopf

Ich bin ja das, was ich so lapidar als Hobbyknippserin benennen würde. Ich fotografiere sehr gern (wenn auch auf einem unteren Niveau, was Technik, Wissen und Gestaltung angeht) und kann mir stundenlang Ansichten/Einsichten – eigene und auch die von anderen anschauen, ohne dass ich ermüde oder mich langweile.

Als ich gestern lange in der Sbahn Richtung Oburg saß und müßig überlegte, ob ich aus meinen letzten längeren Stadtspaziergang durch Berliner Wasserlandschaft einen mit vielen Fotos bestückten Wanderbericht machen sollte, kam ich ins Grübeln, was den Sinn des Abbildens ausmacht. Ob es einen über das Hobby hinausgehenden Sinn macht so etwas zu dokumentieren.

Ob nicht die Bilder in unserem Kopf die viel einprägsameren sind und/oder ob die Erinnerung letztlich irgendwann verblasst, wenn es zu einem Bild kein Wiedererkennen oder zu einem Ereignis kein Bild im Kopf vorhanden ist.
In diesem Zusammenhang begann ich nach solchen Bildern zu suchen. Wo war in meinen Erinnerungen ein Bild hinterlegt und was wusste ich davon. Wie konnte ich es jeweils selber einordnen. Müßige Gedankenspielerein dachte ich, als ich in meinen Zielbahnhof einfuhr, zu müßig, um damit zu beginnen.

Ein schöner Tag mit FReunden folgte und auf der Rückfahrt, begann ich mehr oder wenig unwillentlich in den vielen SChublädchen in meinem Kopf zu stöbern. Einzige Bedingung bei diesem Spiel war, dass es etwas mit dem draußen zu tun haben sollte, auf irgendeine Art und Weise.
Also beginne ich mal in der Kindheit, dachte ich mir.
Eine Landkarte. Island.  Ich lang auf dem Boden liegend und die Konturen der Insel mit den Finger abfahrend. Grübelnd, wie man wohl außerhalb der Ringstraße, die nur teilweise geschlossen war, vorwärts kommen könnte. Ob es möglich wäre, die Gletschergebiete zu umgehen oder darüber zu laufen.
aber ne, ok, das war ja indoors.

Also eine neue Lade aufziehen.
Friesland. Schwimmen in Flüsschen, Seen und Kanälen. Ein Hausboot nahe unserem kleinen Haus, darauf eine stark geschminkte “alte” FRau in Bikini auf einem Liegestuhl, der Vermieter des Hauses, der mit seltsamen Blick dort immer vorbei geht.
Segeln mit den Beffen des Besitzers, meine total sonnenverbrannte Hand am Ruder, der Blick hoch zum sich blähenden Segel.

aber schönstes Bild: schwimmen im Regen im Tjeukemeer. ich sehe das nahe SChilf der kleinen Insel dort, die dicht fallenden Tropfen, die Ringe auf dem Wasser, in der Erinnerung spüre ich noch das seidenweiche, grüne Wasser. Ziehe die klatschnassen Sachen an (warum eigentlich?) und rudere ganz langsam zurück. Wie die Ruder ins Wasser hineingleiten…

Rhodos – ich sitze auf der Glaros, lasse die Beine vom Boot baumeln, verschränke meine Arme an der untersten Strebe der Reling und schaue auf meine Füße, die über dem Wasser schweben. So blau ist das Meer, eine solche Bläue habe ich noch niemals gesehen und doch kann ich zum Grund der kleinen Bucht hinabsehen.
Kurz darauf ankern wir und ich klettere die Leiter hinunter und bleibe die ganze Zeit in diesem Blau, auch wenn die anderen in einem kleinen Boot zu einem Restaraunt übersetzen und lasse mich nur widerwillig darauf ein, wieder an Deck zu klettern, als sie alle wieder los wollen. Dieses Blau. im Hintergrund dunkelblau, teils kraftig und unter mir durchsichtig.
In meinen Träumen taucht es manchmal auf, dieses unwahrscheinliche und vielseitige Blau.

ein Spaziergang mit meinen Schwestern durch den Duisburger Wald. Ich stehe mit L unter einem großkronigen Baum. Wasser rinnt uns aus den Haaren, der Kleidung, die SChuhe schwimmen und ich sehe auf ihr Gesicht. Es lacht.
Als es zu regnen beginnt, geht M zur Straßenbahn, heißt uns Verrückte, die bei diesem Sauwetter unterwegs sein wollen, aber wir gehen immer tiefer in den Wald hinein.
Und nun stehen wir wieder am Rand, seit einiger Zeit gewittert es heftig und schüttet immer mehr. Und so stehen wir unter diesem Baum, ich glaube, es ist eine Eiche. Ein emotional ganz stark besetztes Bild.

Irland – ach, da gibt es so viele innere Bilder. Der Blick von meinem Zelt über South Harbour auf CI. Ich muss nur die Augen schließen, ich sitze wieder auf der Wiese, die Arme über den Beinen verschränkt und schaue nur.
Von Molls Gap hinunter zu den Seen. In donegal der Blick auf die Nebellandschaft. Der Blick über den Achill Sound.

Die Türkei – die wilden Anemonen am Straßenrand unterwegs mit dem Bus, das Wandern hinaus aus dem ort in die Landschaft, hinaus, um eine dieser wundervollen Blumen von nahem zu sehen, zu berühren. Dieser Blick in die Landschaft ist gestochen scharf vor meinem inneren Auge.

Sonnenuntergänge, Regenbogen, hohe Wellen am Meer.
sortieren – hier auf dem Eiffelturm, so schön, ich konnte mich nicht lösen und hätte noch Stunden dort verbringen können. Oder auf den Stufen von Sacre Coeur , Musiker in der untergehenden Sonne.
Regenbogen aus dem Fenster des Zuges nach Sligo, 7 während einer Fahrt. Durch das Fenster eingerahmt: der Regenbogen, Blick hinaus

Waldviertel: “mein Hof” hinter der Krümmung des Ackers, der leersteht, den ich sofort kaufen würde, alleine wegen dieses Blickes. Wenn ich es denn könnte.

Es sind so viele Bilder in meinem Kopf, die SChbladen, große und kleine Lädchen springen auf, überschwemmen mich förmlich.
Vorsichtig schließe ich sie wieder, bis zum nächsten Mal. Wenn ich vor mich hin schauend nach innen schaue.

About Sternenstaub

nothing worth to know
This entry was posted in Allerlei, Anmerkungen. Bookmark the permalink.

Leave a Reply