Selten habe ich mich innerlich so gesträubt, einen Reisebericht zu schreiben. Irgendwie ist die Vogtlandgeschichte noch nicht rund für mich. Und zu schreiben, dass mich nichts dorthin zieht, das finde ich irgendwie unfair. Ich schaue mich ja immer ein bisserl um, wo ich dereinst mich niederlassen könnte. Und das Vogtland wird es definitiv nicht werden, obwohl es durchaus hübsch dort ist und ich ein Sachsenfan bin.
Es fing ja auch bereits mit Hindernissen an. Die Übergabe des WAIs sollte am Berlinstammtisch geschehen, es war sogar hoher Besuch aus unterschiedlichen Bundesländern angereist, um Zeuge zu werden, wenn Pf-F mir das WAI für kurze Zeit anvertraute. Sozusagen von Beutesachse zu Beutesachse.
Aber dieses zickige WAI spielte uns einen Streich und machte sich unsichtbar, sodass der Übergeber (nicht Angeber *g*) schreckensstarr nach der Ankunft erkannte, dass es einfach bei ihm daheim geblieben war. Nunja, es blieb ihm nichts übrig als sich wieder aufs Rad zu schwingen, um ein ernstes Wörtlein mit des Wasoochimma zu reden, inwieweit sanfte Gewalt angewendet wurde, bleibt für immer wohl ein Geheimnis.
Ich glaube aber doch, dass das WAI sich freute, als es mit Hallo dann auf dem Stammtisch unter der Kastanie empfangen wurde. Es steht ja schon ganz gern im Rampenlicht…
Ich nehme mal ganz stark an, dass es mir einen frechten Streich spielte. Meinen Fotoknipps hatte ich in meinen wasserdichten Packsack verstaut, leider meine kleine Wasserflasche ebenso und es erwies sich, dass der Sack wirklich wasserdicht ist, weil das auslaufende Wasser brav im Sack blieb und die Kamera badete.
Als ich nämlich das WAI hineinstecken wollte, kam Wasser aud dem geliebten roten Sack … hm
Kamera heraus holen, mich ärgern, Batterien entfernen, mich ärgern, Geldbörse und Kamera mit Serviette trocknen, mich ärgern, Sack umstülpen auf die trockene Seite und mit Zähneknirschen das WAI in den trockenen Sack stecken. Ob es gemeint hat, unter diesen Umständen könne es wieder in die so bequeme und kuschelige Packtasche vom Pf-F wandern??? ätschiiii nöööö
Gemeinsam verließen wir also das Treffen, weil es bereits am frühen Morgen auf ins Vogtland nach Adorf gehen sollte.
Schon vor 6.00 ging der Zug ab Hauptbahnhof und wir mussten ja erstmal dorthin gelangen. Ziemlich müde hingen wir in drei unterschiedlichen Zügen ab, aber endlich kamen wir dann doch in Adorf an. Gut 4 Stunden hatte die Anreise gedauert und als allererstes – also eher als zweites, weil erst das WAI fotografiert werden musste, suchte ich einen Laden oder die Touristinfo, um mir eine vernünftige Wanderkarte zu besorgen.
Ja, die Kamera ging ab und zu, meistens ging sie grad nicht, wenn ich was besonders nettes fotografieren wollte.
Aber zurück zur Ankunft in Adorf und der zermürbenden Suche irgendeinen verständigen Menschen zu finden, der mir vielleicht einen Tipp geben konnte, wo ich besagte Karte erwerben köntne.
Ja, mei – würde ein Bayer sagen – san Sie aber anspruchsvoll.
An Hinweisen vom Bahnhof aus gab es ein SChild in Richtung Oelsnitz (an der Bundesstraße entlang) und in Richtung eines Radweges, der genau bis zur nächsten Straßeneinmündung galt und dann als verschollen betrachtet werden muss. Ich fragte also eine Adorferin, wo denn hier das Fremdenverkehrsamt sei. Im internet hatte ich gelesen, dass es einen Höhenweg nahe Adorf in Richtung Norden geben solle. Die Dame wies mich in Richtung Oelsnitz – ein wenig weiter die Straße lang sei, was ich suchen würde.
Vielleicht hatte ich mich nicht klar ausgedrückt, sie hatte mich nämlich zum Verkehrsamt geschickt, bei dme ich hätte ein Auto anmelden oder einen Führerschein beantragen können, aber für FRemde war da goar nix.
Aber vielleicht sind die ja dort so nett und geben mir Auskunft, wo die Touristinfo ist, dachte ich so bei mir und drängelte mich an der Warteschklange vorbei. Nur um einen Ordnungsruf von einem bierbäuchigen Vogtländer zu erhalten, ich solle mich doch wie alle anständigen Leute hinten anstellen. Ich schluckte gerade noch die Antwort, dass es mit meinem Anstand nicht so weit her sei herunter und argumentierte, ich wolle doch nur etwas fragen. Das würden sie alle wollen, blökte der freundliche Herr. Sauer geworden, weil meine Zeit ja schluießlich verrann und ich endlich diesen gastlichen Ort verlassen wollte, fragte ich ihn knurrig, ob er auch wissen wolle, wo das Fremdenverkehrsamt wäre.
Scheinbar sprach ich laut genug, denn die Sachbearbeioterin blickte von den Unterlagen, die sie gerade studierte hoch und forderte die Leute auf: “Jetzt lassen Sie doch mal die Dame vor.”
Dame? Meinte die mich? Mutig ging ich als an den Kopf der Schlange und sagte bescheiden, ich wolle nur wissen, wo denn das Fremdenverkehrsbüro sei oder die TouristInfo oder wie immer das bei ihnen heißen würde.
Wie das heißen würde, wisse sie auch nicht, aber irgendwo oben im Ort wäre sowas, nahe der Kirche. Aber sie hätte sich nie dafür interessiert.
Ahso – mit geziemenden Dankesbezeugungen verließ ich das kleine Verwaltungsgebäude und blickte nach oben. Also die Kirche und auch vermutlich die Ortsmitte lafg irgendwo recht hoch über mir. Die ganze blöde Straße zurücktappern? Dazu hatte ich überhaupt keinen Bock. aber wer in Adorf ist, muss wenn er etwas wissen will auch B sagen und die zweite Adorferin auf der Straße fragen. Immerhin wurde ich gefragt, ob ich zu Fu8 oder per Auto dorthin wollte, obwohl mich ja mein Tagesrucksack wohl eher als Wanderin klassifizierte, aber vielleicht wandert man ja im Vogtland nicht? “Zu Fuß” gab ich also schamhaft zu und sie deute auf eine kleine Straße, “dort hinein und dann die TReppe 10 Meter weiter immer ganz nach oben steigen. Da kommen Sie nahe der Kirche heraus.”
Puuh, wenigstens nicht die olle Straße zurücklatschen… Ich also nach oben geklettert, an der Kirche angekommen, sie fotografiert und dann über den langen Marktplatz gestapft.
endlich am Freiberger Tor stand (Mist ich habe ganz vergessen, was da stand, also kann ich euch nicht sagen, wie man in Adorf zu einem Fremdenverkehrsbüro sagt. Aber es war eh geschlossen, obwohl das Schild außen andeutete, dass es geöffnet sein müsse. Grummel!!
Die Kittelschürzenfrau und der ältere Mann, die ich von weitem vor dem Tor fotografiert hatte, erklärten mir dann bereitwillig, ich müsse dort ins Museum gehen, da könne mir geholfen werden.
Na dann!
Die Dame im Museum war zwar hilfsbereit, aber eher unwissend, zu Wanderwegen konnte sie mir überhaupt nichts sagen, bis ich eine Karte in einem Ständer entdeckte, die vielleicht meine Rwettung bedeuten könnte, wenn ich nicht gewillt war, die Bundesstraße entlang zu tappern. Man könne auch mit der Bahn nach Oelsnitz fahren, wurde mir angedeutet, was ich aber trotz eines Momentes der Versuchung tapfer zurückwies.
Bewaffnet mit der Karte ging ich dann tapfer in Richtung Ortsausgang und geriet außerhalb in eine wirklich blöde Baustelle, nicht einmal Straßenschilder oder gar Hinweisschilder zu Ortsteilen oder gar Wanderwegen gab es mehr. Ich ging also rein nach Gefühl und obwohl eine Wandersfrau analog zu Loriot das immer im Gefühl hat, machte das den Weg durchaus nicht einfacher. Nachdem ich zwaimal recht verheißungsvolle Wegen gefolgt war, geriet ich letztlich nur an die Bundesstraße. Irgendwo mussten doch diese verdammten Wege lang führen, die hier so lustig in der Karte aufgemalt waren.Ich ging also ein Stück die Straße entlang, weil laut Karte nach dieser oder jener Biegung ein Weg abgehen sollte. Und bei Rebersreuth ging auch tatsächlich ein kleineres Sträßchen ab, nur runter von dieser stark befahrenen Straße!
Während vorher die Sonne überwiegend geschienen hatte, nur die Wege waren überschwemmt (und teils war es mehr Waten als Wandern)
zogen bei einer kleinen Rast an einer wirklich hübschen Stelle nahe Hundshübel dicke Wolken auf. Das kann ja heiter werden!! Und es wurde heiter, Hagel, Gewitter Regen, Sonne und wieder von vorne.
Im prasselndem Regen kam ich in Hundsgrün an, wohin ich es doch tatsächlich irgendwie wegmäßig geschafft hatte, was eher ein Wunder war, weil Wege und Karte irgendwie nicht kompatibel waren. Und in Hundsgrün… jucheeee – sollte es einen offiziellen Weg geben.
Also munter den gefundenen Weg hinein und dann. Nunja, was soll ich sagen, der Weg, der derjenige von der Karte sein MUSSTE, endete in einem Weizenfeld. An alle Ermahnungen denkend , nicht das Eigentum armer Bauern zu schädigen, ging ich zurück und nahm beherzt den nächsten möglichen Weg. Aber auch er endete im lustig sich wiegenden Weizen.
Irgendwie ein wenig gefrustet, weil meine Zeit immer knapper wurde, kehrte ich zur Straße zurück und was sahen meine entzückten Augen? Einen Mann, der tatsächlich an seinem Auto an der Straße stand. Notfalls hätte ich mich vor seine Karre geworfen, um ihn aufzuhalten und befragen zu können, aber Gott sei es gedankt, war er nicht der Schnellste. Meine FRage nach den zwei verzeichneten Wegen, bejahte er, ja, die würde es geben. Fein, aber wo? Er wies zu den Wegen, die ich bereits versucht hatte. Auf meinen dezenten Hinweis, dass sie auf Getreidefeldern enden würden, nickte er kräftig, ja die Bauern würden das mit dem Tourismus nicht so gern sehen, er würde mir aber nicht raten, durch die Felder zu gehen, die könnten dann sehr sauer werden.
Auf meine bekümmerte Frage, was er mir denn raten könne, verwies er mich auf die eine Straße, da immer lang, in Richtung Ebersbach, es wären nur ein paar Kilometer und da ginge irgendwas nach Oelsnitz ab, eine kleine Straße.
Also nochmal bewusst in die falsche Richtung gehen, ich knirrschte innerlich mit den Zähnen, bedankte mich und stiefelte los. Zwar nicht so weit, sondern einfach ein schmales Sträßchen bald ab in die richtige Richtung und kam tatsächlich in Unterhermsgrün an.
Warum nicht gleich so??
Freudevoll wollte ich ein Dokumentationsfoto der Kamera entlocken, sie machte aber nicht mit und auch das WAI strecktze mir die Zunge heraus. Blöde Biester….grummel.
Doch da sah ich ein Gasthaus. Ein beginnendes Gewitter trieb mich vollkommen widerwillig in die Gaststube und ich trank einen wundervollen heißen schwarzen Tee. Sowas von lecker!!!
Trotzdem dauerte meine Pause nur 15 Minuten und ich machte mich auf, trotz Gewitters doch noch Oelsnitz zu erreichen (weil Pirk hatte ich mir inzwischen mehr als abgeschminkt), in der Hoffnung eben rechtzeitig den Zug zu erreichen, der mich aus dieser irgendwie leeren, aber nicht einsamen Gegend bringen sollte. Ich stapfte also mit mehr als durchweichten Schuhen den nun tatsächlich vorhandenen Wanderweg an der Bahnlinie entlang, erreichte Oelsnitz und ging ein wenig ächzend über die leeren Straßen der Stadt.
Gerade 10 Minuten vor dem Zug, der mich nach Plauen bringen sollte, kam ich am öden Bahnhof an. Nicht einmal eine Bahnhofsuhr gibt es hier und das recht große Bahnhofsgebäude ist komplett gesperrt, nix mit Toilette oder so.
Ich musste diesen Zug erreichen, weil ich sonst in Plauen keine vernünftige Anbindung nach Leipzig und später nach Berlin bekommen hätte.
Im Zug probierte ich nochmals aus, doch noch ein Foto vom WAI zu machen und gnädig akzeptierten Kamera und WAI mein Vorhaben. Ich werde ihnen ewig für diese Güte dankbar sein.
Die Bundesbahn brachte mich 10 Minuten zu früh an den Bahnsteig in Berlin, wo mit heraushängender Zunge der PF-F angehechtet kam. Und ob ihr es glaubt oder nicht, das WAI sprang ihm geradezu glücklich in die Arme, während er die weisen Worte sprach: “Bei so nassen Schuhen hätte ich aber schon Blasen.”
Ja, meine Regenjacke – die neue, ist erstklassig und hat mich beschützt, aber bei den Schuhen war das Wasser sogar oben hineingelaufen bei den tollen vogtländischen Bachwegen kein Wunder.
Aber bätsch… keine einzige Blase hat meine Füße verunstaltet.
Ich muss aber nunmehr mit einiger Zeit Abstand und nachdem ich nochmals im Vogtland war, zugeben, dass es dort wirklich schöne Ecken hat.
Wer weiß, vielleicht sieht es mich ja noch einmal wieder. 😉